Unser Käfer Cabriolet
Die Entscheidung

Es wird Herbst 2010:

Da der Herbst eh gerade anfängt, passt das ganz gut mal die wichtigsten Dinge zu reparieren. Zu viel will ich allerdings nicht machen. Er soll ja fahren und nicht in der Werkstatt rumstehen. Hab mir also vorgenommen, die Lichtmaschine und die Vorderachse zu reparieren. Auch an die entstehenden Roststellen wollte ich mal ran. Aber warum fängt er jetzt so zu rosten an? Hat das was mit der Regenfahrt bei der Abholung zu tun? Ein Freund meint,“ ja klar. Das Ding wird die letzten Jahre nur bei schönem Wetter bewegt worden sein, kein Wasser, nix. Da rostet auch nix. Aber du Depp musst ihn ja volllaufen lassen. Kein Wunder dass das jetzt anfängt“. Tja da hat er wohl recht. Na ja, werde mal alles etwas entrosten, soweit ich ohne großen Aufwand hinkomme. Sollte damit alles erledigt sein. Aber erst mal die Lichtmaschine.

Verflixt, warum geht denn die Mutter nicht auf? Und an die Mutter hinten im Gebläsekasten kommt man fast gar nicht ran. Urg, die Schraube muss raus, sonst krieg ich die Lichtmaschine nicht weg. Das geht mir vielleicht auf den Sa…. Egal, dann halt schnell den Motor raus. Hab das früher bei meinem alten VW Bulli des Öfteren praktiziert. War da echt ein Meister darin. Zwei Stunden später liegt er da der Motor. Nun komm ich auch an alle Schrauben ran und die Lichtmaschine kann ich lockern. Raus geht sie aber trotzdem nicht. Muss erst den Gebläsekasten lose schrauben und etwas anheben, dann kann man sie rausfädeln. Also los. Oh…. Mein Gott…. Was ist denn das? Jetzt sieht man die Kühlrippen, die da sein sollten. Da ist ja alles dicht. Da geht je kein Lüftchen mehr durch. Das sieht nach mehr Arbeit aus. Werde wohl die Verblechung mal wegmachen müssen. Das gute an einem eingesifften (mit Ölkruste überzogenen) Motor ist, dass die Schrauben wenigstens aufgehen. Nachdem die Bleche weg sind, weiß ich auch warum ich ständig mit dem Obi Kübel unterwegs war. Alle Kühlrippen dicht. Was für ein Dreck. Da finden sich Fragmente einer VW Bedienungsanleitung, dessen Kunststoffeinband sich so richtig schön festgebrannt hat. Da muss wohl einer meiner Vorbesitzer die Bedienungsanleitung im Motorraum vergessen haben. Diese wurde dann angesaugt, fein säuberlich, im Gebläse, gehäckselt und über alle Zylinder verteilt. Fest ist das Zeugs. Kaum mit dem Schraubenzieher abzubekommen. Sieht nicht gut aus.

Ok, also weiter mit dem Rost. Der Motor ist ja raus. Uuiui wie siehts denn da drinnen aus? Das blüht ja und diese Löcher. Sowas gibt’s doch nicht. Also doch rundum mal genauer hinschauen. Die Cabrioverstärkungen an den Schwellern sind noch echt gut. Lediglich an den Übergängen zur Karosse sieht es nicht so gut aus. Mal mit dem Schraubenzieher ein wenig stochern ob da auch Löcher sind. Autsch, wer schmeißt mir denn da den Schweller auf die Hand? Die Rostbrösel rieseln noch als ich erschreckt bemerke, dass die guten Holmverstärkungen halb weghängen und mir auf die Finger geklopft hatten. Ach du meine Güte. Da war ja nur Blech darüber geklebt, drunter ist ja gar nix mehr. Ist das auf der anderen Seite auch so? Ja es ist. Hier wurde gepfuscht ohne Ende. Hab keine Lust mehr. Schalte das Licht aus, gehe ins Haus und beiße erst mal in ein Kissen. Nachdem dieses fünf Löcher hat entspanne ich mich ein wenig und mir stinkt es fürchterlich. Bin ich echt so blöd? Hab ich mich so bescheißen lassen? War ich blind? Stimmt wohl alles. Diese Einsicht macht die Sache aber auch nicht besser. Was soll ich jetzt tun? Ja erst mal nix, durchatmen, nachdenken, fluchen. Während der nächsten Tage gehe ich immer mal wieder rein zu „Ihm“ und finde neue Bereiche, die nicht mehr zu retten sind. Vorne scheint das Krabbeltier einmal einen Frontschaden gehabt zu haben. Nach genauem Hinsehen finde ich Falten in den vorderen Seitenteilen. Sieht gar nicht gut aus. Ich wollte doch ein Auto mit dem ich die nächsten Jahre Ruhe habe. Hat der von der Käferhalle doch recht gehabt?

Eigentlich steht jetzt eine Entscheidung an wies weitergehen soll. Schlafe die Tage nicht gut. Quatsch mit allen möglichen Leuten. Zwar keine Käferfachleute aber trotzdem halten sie mich für verrückt. Mann, was soll ich machen? Jetzt hab ich schon so viel reingesteckt. So wie der dasteht krieg ich die Kohle nie wieder. Total zerreißen? Total restaurieren? So lassen? Der nächste TÜV wird euch scheiden? Das Ding mit Verlust verklopfen? Wie geht’s weiter?

 

Die Entscheidung:

Es hilft nix, hergeben will ich ihn nicht, da ging zu viel Geld drauf. So lassen geht auch nicht. Hinmurksen verschiebt das Problem nur marginal nach hinten. Also ran an den Speck. Wollte mir (und meiner Familie) das zwar nicht antun aber es hilft ja nix. Werkzeug ausgepackt und angefangen.

 

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